Nordkaff III
Børselv, am Fjord
In Børselv ist die Welt noch nicht zu Ende, aber es ist nicht mehr so weit. Nur wenige Kilometer nördlich gehen auch die Bonsai-Bäume aus, und es wächst nur noch Gestrüpp und Gras. Nichts für Leute, die an der Strandbar ihr Aperol schlürfen wollen. Allerdings hat Børselv einen eigenen Strand, an dem das Wasser so warm wird, dass man die badenden Kinder nicht anschließend in einen Brutkasten packen muss, um sie wieder aufzutauen. Im Sommer 2013 hatten die hier eh mehr Celcius als in Deutschland. Als in Juli 2013 Berlin der Eiszeit entgegen ging, gab es in Børselv satte 26º C. Überhaupt, dieser Sommer war der längste, an den sich die Dorfältesten erinnern können. (Die umgekehrte Geschichte hört man, wenn es in Spanien im Sommer stürmt und gießt.)
Børselv war früher, als es in Finnmark mehr Kinder und weniger Autos gab, der Ort für ein Internat gewesen. Jetzt ist aus dem einstigen Grandeur nur noch das Gebäude übrig geblieben. In dieser nimmt die Schule ganze zwei Klassenzimmer ein, Nr. 1 für die Klassen 1 bis 5, Nr. 2 für die Klassen 6 bis 10. Alle Schüler zusammen würden zwar nicht in ein Taxi passen, aber in den kleinen Schulbus, einen Peugeot Boxer.
Gedränge hätte man in der kleinen gemütlichen Dorfkneipe, wenn sich alle 160 Einwohner entschlössen, gleichzeitig ein Bier zu nehmen. Das dürfen die einen altersbedingt nicht, die anderen können nicht, auch altersbedingt. So bleibt die Kneipe ganz gemütlich.
Die Bevölkerung von Børselv fällt zwar zahlenmäßig klein aus, aber multikulti ist sie trotzdem. Nicht nur Polen, Deutsche, Franzosen und Afrikaner hat es hierher verschlagen, sondern auch das Volk der Kven. Diese stammen aus Finnland, und ihre Sprache ist recht Finnisch, also verwandt mit den Sprachen aller Türkvölker. Wie die Ungarn in der KUK-Monarchie, denen man den türkischen Ursprung mit der Finnougristik austreiben wollte, wurden die Kven ständig „norwegisiert“, wie übrigens die „Lappen“, die heute mit ihrem richtigen Namen „Sami“ bezeichnet werden. Auch sie stammen aus Asien. Ihre Hauptstadt befindet sich ca. 100 km Richtung Finnland in Karasjok. Dort steht das Parlament aller Samen, also auch von denen aus Schweden und Finnland.
Die Kven wurden als Minderheit anerkannt, ihre Sprache gehört zu den geschützten, weil immer weniger Menschen sie in unverfälschter Form sprechen. In Børselv wurde ein Haus mit den Kulturgütern der Kven belegt, die ihre Lebensweise zeigen. Hart - egal ob man Norweger oder Kven war. Neuerdings verlegt die Regierung selbst afrikanische Migranten in den hohen Norden. Ob die wohl lernen sollen, dass es eventuell besser wäre, im Kongo zu sterben?
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