Aufregende Stories

 

Mit dem air boat düst man ganz elegant durch die Landschaft und hält Ausschau nach… Wildschweinen. Die waren wohl einst die Lieblingsspeise der crocs. Sie sind wie die Seminolen unfreiwillig eingewandert. Die Spanier haben sie hergebracht, als Hausvieh. Jetzt verwüsten sie die Everglades.

Mir ist eine ungewöhnliche Ehre zuteil geworden: Ich war der einzige Touri in beiden Vehikeln, weil ein Hurricane alle vernünftigen Menschen in die Flucht gejagt hatte. So saß ich mit einem freundlichen Ex-Colonel aus der US-Armee in Frankfurt allein im air boat. Unsere Bemühungen ein inniges Treffen von „gators and pigs“ zu veranstalten, gingen leider fehl. Die Echsen gingen bis auf wenige Zentimeter an die leckeren Ferkel ran, aber nicht näher. Und die Ferkel dachten nicht daran, wegzurennen. Naturereignis oder Theater? Auf der nächsten Seite gibt es noch mehr Theater - jumping crocodiles!

Hier aber noch was zum Hurricane. Der überlegte sich noch, ob er Florida überfallen sollte, als meine Maschine in Miami gelandet ist. Deswegen hat sich die Schaukelei in Grenzen gehalten. Auch als ich draußen vor die Tür ging, war mir nicht nach Sturm zumute. So habe ich mir das bestellte Auto abgeholt und wollte erst einmal meinen paar Mal verschobenen Traum nachholen: Nach Key West und einen Drink in Sloppy Joe´s einnehmen, allerdings keinen Whisky wie der berühmte „Papa“, auch Bier soll es dort geben. Und 54 Marlins in 115 Tagen fangen wie einst Hemingway, geht auch nicht. Nicht nur sein Käpt´n, Joe, ist tot, sondern auch die vielen Marlins. Mir ist in all den vielen Jahren Angelei nur ein Marlin an den Haken gegangen. Dieser schoss mit aufgerichteter Rückenflosse aus dem Wasser, flog viele Meter weit und ward nie mehr gesehen. Der einzige Fisch, dessen Verlust mich glücklich macht, bis heute.

Auf dem Weg in den Süden kam mir die Highway komisch vor, Richtung Norden war sie rappelvoll, in den Süden wollte wohl nur einer, ich. Des Rätsels Lösung war schnell gefunden, als ich das Radio anmachte: Warnung vor dem herannahenden Hurricane. Lovely Rita war im Anmarsch. Das Schrecklichste an ihr waren nicht die maximal 180 kn schnellen Winde, was so viel wie 300 km/h bedeutet, sondern ihre Vorgängerin Katrina, der Untergang von New Orleans und der Glaubwürdigkeit von G.W. Bush. Die Dame hätte den Namen Jane, wie Calamity, verdient. Nur einen Monat danach, nun das! Ich fluchte vor mich hin und wendete total vorschriftswidrig über die Absperrungen hinweg und gab dem Auto die Sporen, Richtung Nordwesten, möglichst schnell weg von Rita. Diese streifte zum Glück Florida nur und überfiel die Gegend, wo auch Jane ihr Unwesen getrieben hatte, Texas und Wilder Westen. Mein Problem beschränkte sich auf unendlich langen Regen, durch den das Auto wie ein Boot mir Bugwelle fuhr. Dafür waren die Straßen leer gefegt.

Bei meiner ersten Begegnung mit einem großen Krokodil habe ich noch gelassen an meinem Eis am Stiel geleckt. Die Bestie machte, aus dem tiefen Schlaf aufwachend, die Augen auf, bereit, jeden Augenblick loszupreschen. Ich blieb cool - war auch nicht schwer, wir waren im Krokodilhaus des Berliner Zoos. Dennoch war die Sache sehr imponierend.

Ein anderes Treffen ließ mich nicht so cool aussehen. Wir waren in den Florida Everglades unterwegs, als meine Frau einen einsamen See entdeckte. Wir hielten am Ufer an und wollten uns Flora und Fauna ansehen. Meine Frau stieg aus … und blieb wie angewurzelt stehen. Sie machte nur kleine Bewegungen mit ihrer Hand und zeigte Richtung See. Sie flüsterte ängstlich „Krokodil!“ Als Dr. Besserwiss hätte ich natürlich ihr einen Vortrag darüber halten können, dass es sich bei dieser Spezies um einen Alligator handelte. Ich ließ es lieber sein, weil die Lage nicht zum totlachen war.

Meine Frau bewegte sich langsam rückwärts und galoppierte nach einigen Metern in die Büsche. Gerettet! Ich guckte mir das Tier durch das Autofenster an. Eigentlich fand ich nichts Bedrohliches in seinem Wesen, weil Alligatoren im Verhältnis zu Krokodilen schön aussehen. Nach einigen Minuten des Zögerns beschloss ich auszusteigen, weil das Tier erst über einen kleinen Hügel hüpfen müsste, um mich anzugreifen. Zudem war es gerade mal zwei Meter lang. In Australien hatte ich erlebt, wie die Einheimischen über die Touris lachen, die vor solchen Viechern Angst haben. Später rennen die Fremden nach einigen Wochen in dem Land am Ufer entlang, als wären Krokodile die, die man im Zoo dauernd dösen sieht.

Everglades ist Name einer Landschaft, die nur zwei Mal auf der Welt vorkommt, in Florida, USA, und in Queensland, Australien. Beide Everglades sind reichlich mit Reptilien bestückt. In Florida sogar auch mit fremden Reptilien, so z.B. mit Python molurus bivittatus, der Python aus Burma, der bis 9 m lang wird und ab und an mal ein Krokodil verspeist, oder einen Alligator. Kleinere davon, naturgemäß.

Die wichtigste Eigenschaft der Everglades ist das Wasser, das den gesamten Raum zwischen den Bäumen und Wiesen füllt. Die in Florida heißt auch „Fluss aus Gras“, weil die Landschaft von einem etwa 50 km breiten, aber ganz flachen Fluss gebildet wird, der sich langsam Richtung Meer bewegt. Man kann hier mit einem Kanu sehr schön die Landschaft auskundschaften und die Reptilien beobachten. Bei unserer ersten Fahrt dort waren meine Kinder noch klein und glaubten mir, dass sie das Paddel loslassen sollten, wenn es fest steckt, weil da ein Krokodil reingebissen haben muss. Sie haben immerhin nicht die Fahrt aufgesteckt, sondern öfter die Paddel losgelassen, wenn sie im Schlamm steckten.

Es gibt zwei gute Wege, möglichst schnell an die „Crocs“ zu kommen, mit dem air boat und mit dem swamp buggy. Air boat kennt man seit Flipper ganz gut, das ist eine Blechwanne mit einer Luftschraube an einem starken Motor, wahnsinnig schnell, und kann über Wasser, Schlamm und feuchtes Gras fegen. Swamp buggy ist eine Erfindung von Chief Billie, einem Seminolen-Häuptling. Eine Art LKW mit Tribüne. Das Ding fährt durch metertiefes Wasser, und man sitzt trocken drüber.














Mit beiden ging ich mal auf croc - wie die Einheimischen, Pardon, Zugewanderten sie nennen. Diese hören auf den Namen Seminolen und sind, obwohl „native Americans“ keine Ureinwohner Floridas. Sie gehören einem Indianerstamm an, der ursprünglich in Georgia und Alabama gelebt hatte. Durch Kriege und Deportationen wurden sie in die Sümpfe der Everglades getrieben und dort dem Tod überlassen. Dieser Stamm nennt sich das einzige Indianervolk, das nicht von der US-Armee besiegt worden ist. Sümpfe sind eben ein schlechtes Aufmarschgebiet für die Kavallerie. Die Seminolen überlebten und rächten sich bitter, indem sie das erste Indianercasino errichteten. Sie sind heute auch noch die Besitzer der „Hard Rock Cafes“ in aller Welt.

Chief Billie lässt seine swamp buggies eben durch diese, die Sümpfe,  fahren. Man bleibt trocken, sofern das Wasser nicht von oben kommt. Ansonsten bleibt das Ding mitten in einer Krokodil- oder Alligatormeute stehen und man sieht die Echsen um die Pellets kämpfen. Sie haben nämlich gelernt, dass die lauten Monster ihnen die lästige Jagd nach Groß- und Kleinvieh ersparen.

Everglades, wo auch immer …

Story Nr. 1: (Glauben wirklich uneingeschränkt empfehlenswert) Krokodile können galoppieren wie ein Pferd und erreichen Geschwindigkeiten wie ein formidabler Gaul. Wer dies nicht zu Herzen nimmt, ist Kandidat für die lange Liste der Krokodilopfer, die in Australien zu über 80% aus Touris bestehen. Zwar muss man nicht befürchten, dass diese Spezies durch Krokodilfrass ausstirbt, weil sie genügend Nachwuchs zeugt, wer will aber in der Statistik landen? Ergo: Alle Stories diesbezüglich ernst nehmen, tod ernst.

Nur die Geschichte, dass es Krokodilrennen gibt, ist nur teilweise wahr. „Gator Race“ wird zwar dort abgehalten, wo in Florida Alligatoren leben. Aber nur auf dem Spieltisch. Ist ein Würfelspiel. Die Spieler sind meistens Rentner. Krokodile können nämlich nicht ausdauernd laufen. Das machen die nur blöden Pferde uns zu Liebe. In der Natur kennen auch sie meistens Schritt, und zuweilen Trab. Hingegen sind Krokodile zwar unendlich dumm, wenn man sie einem IQ-Test unterzieht, was aber den Umgang mit Energie angeht, gehören sie zu den effizientesten Wesen.

Story Nr. 2: (Wer es glaubt, ist nicht zu retten) Krokodile sind Süßwasserreptilien. Es stimmt, dass man sie meistens an Flüssen und Seen sieht. Leider leben die gefährlichsten unter ihnen, die Salties, wie gesagt am und häufig im Meer. Während man in Gewässern, wo nur die „normalen“ leben, ruhig schwimmen kann, muss man überall dort, wo Flüsse ins Meer münden, mit netten Begegnungen rechnen. Tröstlich ist nur, dass man den Fehler nur einmal im Leben begehen kann. Denn die kill-rate, Verhältnis von erfolgreichen Angriffen zu den Pleiten, ist extrem hoch und wird nur durch den Tiger überboten, vielleicht auch vom Jaguar.