Jumping Crocodiles

 

Kennen Sie Zirkus? Nee … Zirkus unter´m Zelt kennen alle, aber Zirkus unter dem Himmelszelt? Kaum. Den gibt es z.B. am Adelaide River in Australien, Northern Territory. Dort leben viele Krokodile wie sonst in diesem Land, aber mit anderen sportlichen Eigenschaften. Wenn man denen ein Stück Fleisch vor die Nase hängt, hüpfen sie zuweilen bis zur Körperlänge aus dem Wasser. Wie man das macht?

Die einfache Lösung ist, man geht an das Flussufer mit einem Stück Fleisch in der Hand (kann auch in der Hosentasche sein) und kommt mit einem Bein kürzer zurück. Oder überhaupt nicht. Wer etwas mehr Grips hat, gibt sein Geld den Aussies und wird dorthin verfrachtet, wo die Krokodile die Gesetze des Kapitalismus gelernt haben. Haste ´ne Mark, hüpfen wir freiwillig gen Himmel!

Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen. Ab nach Adelaide River, wo sich eine große Station für große Jungs aufgebaut hat. Man kann sich auf einem Schiff einen Platz mieten, was einen sehr nahe an die Krokodile bringt, oder was Nettes ausdenken: Hubschrauber, wo die crocs bis an die Kufe hüpfen. Wir hatten keine Wahl, denn als wir ankamen, war der letzte Dampfer schon abgefahren. So kamen wir in den Genuss eines wahrlich nach Abenteuer riechenden Flugs. Die Aussies, keine Amerikaner, lassen die Gäste sogar im Flug auf die Kufe des Hubschraubers steigen, und die Echsen hüpfen gerade so hoch, dass man … Uff!

Auch ohne die klaffenden Mäuler kurz unter dem Fuß hat sich der Flug draußen auf der Kufe als Highlight gestaltet. Allerdings darf man dabei nicht freundlich dreinschauen, wg. der vielen Fliegen im Gebiss …

Was so ein Krokodil von uns hält, erlebte ich im Kakadu National Park bei Yellow Water, einem Billabong mit einer ordentlichen Krokodilpopulation. Diese Gegend ist seit etwa 50.000 Jahren von Aborigines bewohnt, die sich natürlich nicht so nennen. Sie pflegen so ihre Traditionen, z.B. das Essen von bestimmten Schlangen. Das ist Tradition. Die dummen Viecher leben aber in der Nähe der Wurzeln einer bestimmten Palmenart, dessen Wurzelwerk leider meistens unter Wasser steht. Das ist Natur. Die Aborigini Frauen sind derart privilegiert, dass nur sie die Schlangen und ihre Eier sammeln dürfen. Das ist gute Tradition. Da sage noch einer, Frauen werden diskriminiert.

Als uns eine Rangerin vom Park diese Tradition beschrieb, stockte ihre Stimme plötzlich und sie sagte, hier würde etwas Unmögliches geschehen. Gleich zwei ausgewachsene Krokodilmännchen schwammen dicht beieinander. So was gäbe es nicht, sagte sie noch, und dann war es geschehen. Mit einem mächtigen Schlag verjagte das eine Tier das andere. War dies nicht schrecklich genug, wären wir am liebsten weggelaufen, als sich der Kerl umdrehte und unser Schiff angriff. Das Ding war immerhin etwa 10 m lang, das Schiff, meine ich. Das nächste Mal, als ich mit einem Kanu auf Fotojagd ging, bin ich lieber Eidechsen und Äffchen nachgepirscht. Die Angst saß tief, und das Herz noch tiefer in der Hose. Nicht, dass ich Angst hätte… ich habe schlicht und einfach Schiss - und das ich mehr als Angst. Mit allen Lebewesen kann man scherzen, und kommt meistens davon, bei crocs hingegen, sind die meisten Lebewesen Fressfreund!

Wer noch mächtigere Kerle als die in Yellow Water sehen möchte, sollte zu einem der Alligator Rivers fahren. Es gibt einen East, einen West und einen South Alligator River, allesamt falsch benannt von einem Briten namens Philip Parker King, der die Gegend zuerst erforscht hatte. Forscher können sich irren, je forscher desto gewaltiger!

Komm mir ja nicht ins Revier …

Man fliegt ca. 10 Minuten, bis die Stelle mit den Krokodilen erreicht ist. Da kein Boot mehr da war, konnten wir so weit in die Tiefe gehen, dass der Fluss nicht mehr so ruhig aussah wie auf dem Bild. Die Tiere ließen sich aber davon nicht abhalten, in die Höhe zu hüpfen. Ich finde, mit einem Boot hätte man das Spiel lustiger treiben können, weil so eine Flugmaschine einen Höllenlärm produziert.

Die Krokodile sind bekanntlich bekannt dafür, ziemlich dumm zu sein, was im Grunde genommen eine arge Übertreibung ist. Sie dürften viel dümmer sein. Im Vergleich zu Menschen, die 20.000 km fliegen, um mit ihnen das zu machen, was zu Hause mit jeder Katze spielend geht, nehmen sie sich aber aus wie Einstein. Da die Tiere aber nicht lachen können, weil die Gesichtszüge recht starr sind, habe ich kein beleidigendes Lächeln wahrgenommen.

Übrigens, falsche Namen für Tiere und Pflanzen finden sich sehr häufig in Australien, weil die ersten Nicht-Ur-Einwohner hauptsächlich Sträflinge waren. Die kannten halt nur England und Schottland. Deswegen heißt z.B. einer der schönsten Barsche coral trout, Korallenforelle also. Noch schlimmer hat es den Zackenbarsch erwischt, der dort cod heißt. Dorsch! Nie und niemals würde ein Dorsch freiwillig in tropischen Gewässern rumschwimmen. Nun, ja. Die „Indianer“ sind ja schlimmer dran, weil ein Herr, der dorthin wollte, wo der Pfeffer wächst, sich in der Himmelsrichtung geirrt hatte. Wo jetzt Columbien ist, wäre eher Andhra Pradesh, Bihar oder was Ähnliches.

Diese Flüsse enden allesamt im Norden und sind reichlich mit allerlei Fauna bestückt. Eine faszinierende Vogelwelt, wo man mit dem Zählen der Seeadler nicht nachkam, Mangrovensümpfe als Kinderstube des Ozeans, und jede Menge Krokodile. Die hier hüpfen nicht zum Spaß. Sie leben, als wären die Menschen nicht da. Als die Jagd auf sie erlaubt war, sind alle großen dezimiert worden. Jetzt gibt es welche, die wieder etwa 5 m lang geworden sind. Bisschen mickrig, wenn man bedenkt, dass seit 1972 nicht mehr gejagt werden darf. Allerdings wachsen Krokodile nicht so schnell, weil sie sehr alt werden und immer langsamer wachsen. Das älteste noch lebende Tier wird auf 130 Jahre geschätzt.

An den Alligator Rivers kann man sie sogar beim Brutgeschäft beobachten. Wenn ein Tier recht unbeweglich mit der Nase Richtung Land am Ufer schwimmt, handelt es sich wahrscheinlich um eine Mama, die auf ihre Jungs aufpasst. Wenn es als gefährlich gilt, sich Krokodilen zu nähern, kann man eher von tödlich sprechen, wenn man sich in die Nähe einer solchen Mutter begibt. Dabei sind sie so zärtlich, wenn sie die Kleinen ins Maul nehmen. Früher dachte man, Krokodile wären Kannibalen, weil solche Szenen häufig zu sehen sind. Wahr ist, dass sie Kannibalen sind, aber nicht immer.

Vor dem Beginn der Reiterei in Okavango () hatten wir dreierlei Gefahren kennen gelernt: Normal (Löwen), Groß (Krokodile, männlich) und Mega (Nilpferde). Die letzteren stehen öfter Modell für Kuscheltiere („Happy Hippo“), Löwen gibt es auch in Plüsch. Wer wissen will, warum Krokodile bei Germanys Next Toy Model durchfallen, sollte sich nach Australien begeben. Noch besser auf die Salomonen - und eine Runde schwimmen!