Cities of the world

 
 

Port Louis würde auf meiner Wunschliste nicht unbedingt oben stehen, weil ich die Stadt kurz nach Rassenunruhen kennen gelernt hatte. Da war das Verhältnis zwischen den einzelnen Völkern nicht allzu gut. Sie ist die Hauptstadt des östlich von Afrika liegenden Inselstaates Mauritius im Indischen Ozean. Unter den ersten Entdeckern, den Niederländern, hieß sie naturgemäß anders, Noord-Wester Haven. Später kamen die Franzosen und änderten den Namen nur geringfügig in Port Nord-Ouest. Sie stieg 1735 unter Admiral Bertrand François Mahé de La Bourdonnais zur Hauptstadt einer blühenden Kolonie auf, zu der auch die Insel Reunion gehörte, die nur etwa 100 Meilen entfernt im Ozean liegt.

Später kamen die Engländer, so etwa 1810, als Napoleon zu schwächeln begonnen hatte. Mauritius blieb britisch, bis die Insel unabhängig wurde. So auch Port Louis. Britisch heißt auch, dass die Insel Menschen aus Britannien und anderen kolonisierten Ländern aufnehmen musste. Deswegen gibt es hier ein Chinatown, einen Friedhof für Chinesen, einen Hindutempel und ein ganz schönes Völkergewirr. Der Hindutempel ist aber älter, weil die Stadt durch die Tamilen aufgebaut wurde, die bereits vor 1735 hier waren. Der Admiral hatte bereits in Indien mitgemischt. Allerdings mochten weder die Menschen auf Mauritius noch die ebenfalls von den Briten kassierten Seychellen die Briten allzu besonders. Deswegen sprechen sie nur „amtlich“ Englisch. Dass sie nicht britisch kochen, versteht jeder auch ohne Erklärung. Warum sie aber am liebsten Creole´ kochen, ist eine interessante Geschichte für sich. Acht Dutzend Gemeinschaften – darunter Baptisten, Pfingstler und Sunniten – leben hier ihre Religionen aus. Zu den Feiertagen zählen das christliche Weihnachtsfest und das hinduistische Maha Shivaratree ebenso wie das chinesische Neujahrsfest und das Opferfest der Moslems.

In Port Louis ist viel Geschichte gebaut und später konserviert worden, weil die Insel als wichtig erachtet wurde. Das wohl berühmteste Zeugnis dürfte ein Stückchen Papier sein, die „Blaue Mauritius“. Eine der vier nicht abgestempelten Exemplare dieser Briefmarke wird in einem eigenen Museum präsentiert. Um die zu sehen, müssen Deutsche nicht so weit reisen, in Berlin zeigt das Museum für Kommunikation auch ein solches Prachtstück. Historisch, aber nicht Geschichte ist die Pferderennbahn Champ de Mars Racecourse, die älteste der Südhalbkugel, Baujahr 1812 (!). Etwas jünger, aber richtig dominierend ist ein anderes Gebäude, Fort Adelaide, Baujahr 1835.

Wer unter einer tropischen Inselhauptstadt einen geruhsamen Ort erwartet, wird enttäuscht sein. Die Stadt ist einfach busy. Und voll - die Bevölkerungsdichte betrug 2003 3,458.73/km2. Amsterdam hat nicht allzu viel mehr. Überhaupt - Mauritius schlägt mit 598 Nasen per km2 die Niederlande um Längen (397). Nix Idylle!

Port Louis fanden nicht nur Admiräle und Kolonisatoren interessant, sondern auch Erlauchte wie Bernardin de Saint Pierre, Mark Twain, Nicolas Pike, Charles Baudelaire, and Paul-Jean Toulet. Insbesondere Mark Twain muss derart von der Stadt begeistert gewesen sein, dass er schrieb: „Zuerst wurde Mauritius geschaffen, dann das Paradies. Aber das Paradies war nur eine Kopie von Mauritius.“ Er könnte auch Babylon gemeint haben, denn hier werden 22 Sprachen gesprochen, Englisch und Französisch nicht eingerechnet.

Wer richtig Kultur erleben möchte, möge in die Markthallen gehen. Engländer verkaufen Gemüse, Pakistani Blumensamen, Chinesen Reis und Wundermittel. Inder bieten auf langen Theken Thunfisch, Dorade, Bonito und Kingfisch an. Wer noch keine japanischen Glückskatzen, Aufladegeräte für alles Mögliche, riesige BHs, Gemüse in Teigtaschen, chinesische Frühlingsrollen und weiß Gott noch was besitzt, wird hier schnell geholfen.

Selbst das größte Bedürfnis, das Menschen aus allen Ländern mindestens einmal im Leben überfällt, Heiraten, wurde auf Mauritius zum Geschäft entwickelt. Wenn man unbedingt im Paradies heiraten muss - na bitte schön …




 

Seht die Welt durch meine Augen

Städte lassen sich an ihrem Gang erkennen wie Menschen.

Robert Musil